Ben´s Blog 2 – Wie kommt der ganze WorldTour-Zirkus eigentlich nach Australien?

Hallo liebe Mitglieder des RSV-NRW, mein Name ist Ben Zwiehoff und ich bin Radprofi fürs deutsche WorldTour-Team Bora-Hansgrohe. Ich habe den Radsport in NRW von Klein auf kennengelernt und bin seit über 20 Jahren Mitglied eines Vereins des Radsportverbands. Mit diesem Blogformat möchte ich ein wenig meiner Erfahrung an alle radsportbegeisterten Menschen weitergeben. Meine zahlreichen Renneinsätze auf der Straße, auf dem Mountainbike, auf dem Crossrad und sogar einmalig auf dem Bahnrad bieten dafür die Grundlage. Viel Spaß beim Lesen! Das heutige Thema ist „Rennen-Fahren in Übersee: Wie funktioniert der WorldTour-Zirkus am anderen Ende der Welt?“

 

Die Radsport-Saison steht in den Startlöchern. Während die Frauen bereits das erste WorldTour-Etappenrennen in südaustralischen Adelaide in den Knochen haben, warten 140 Männer darauf am morgigen Dienstag in die neue Saison zu starten. Die meisten WorldTour-Teams haben unabhängig von ihrer Herkunft oder dem Ort, an dem sie ihre Lizenz beziehen, ihre Basis in Europa. Das europäische Festland ist Gastgeber der allermeisten und größten Rennen, so dass dort auch die meisten Ressourcen vorhanden sein müssen. Mein Team Bora-hansgrohe hat beispielsweise den sogenannten Service-Course mit allen Fahrzeugen und Materialien in der Nähe vom Headquarter in Raubling. Von dort aus gehen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihre jeweiligen Reisen zu den Rennen. Meistens passiert das mit unserem Mannschaftsbus, einem LKW und mehreren Autos, die im Rennen eingesetzt werden.

 

Doch wie funktioniert der ganze Zirkus am anderen Ende der Welt? Diese Frage haben mir tatsächlich schon viele gestellt, weswegen ich sie jetzt hier im Blog aufgreifen wollte. Man könnte ja auf die Idee kommen, dass bei uns (ähnlich wie in der Formel 1) immer alles per Schiff oder Frachter nach Australien oder Kanada kutschiert wird. Dem ist aber natürlich nicht so. Die Teams greifen bei den Rennen in Übersee auf die jeweilige Infrastruktur des Landes und des Veranstalters zurück. Dieser stellt beispielsweise eine Flotte an Fahrzeugen für die Rennen bereit und versorgt die Teams mit allem, was sie sonst üblicherweise im Bus oder im LKW dabei hätten. Im Grunde genommen reisen wir hier alle also mit „leichtem Gepäck“. Die Fahrer bringen ihre Klamotten, die Mechaniker die Räder, die Physios die ganze Rennverpflegung und alles, was man sonst noch so brauch, und die sportlichen Leiter den Plan sowie die Organisation der gesamten Reise mit. Die Voraussetzungen sind für alle Teams gleich, weil alle mit den gleichen Autos zum Start fahren, alle im gleichen Hotel schlafen und alle sich im gleichen Zelt auf die Rennen vorbereiten. Diese Art der Rennen sind um einiges familiärer als die meisten europäischen Rennen, weil man viel mehr mit den anderen Fahrern und Betreuern ins Gespräch kommt, als das sonst im Bus der Fall wäre. Mir gefällt das sehr gut. Es fühlt sich alles ein wenig einfacher an und für die Fans entsteht gerade im Paddock rund um das Hotel meist eine Nähe, die es in Europa wahrscheinlich nicht gäbe. Hier gibt es die Radsport-Stars sozusagen zum Anfassen.

 

Ich persönlich starte meine Saison gleich mal mit drei dieser schönen Trips. Ich versuche mich ein erstes Mal als GC-Fahrer hier bei der Tour Down Under, wo es vor allem Wochenende gilt, die berühmten Berge Willunga Hill und Mount Lofty so schnell es geht hinaufzujagen. Nach einer kurzen Erholungsphase zuhause geht´s dann bei der Tour of Oman sowie bei der UAE-Tour zu zwei meiner Lieblingsrennen. In Abu Dhabi und Dubai konnte ich meine ersten Erfahrungen als Profi sammeln und mein erstes GC-Top 10-Ergebnis einfahren. Daran erinnere ich mich gerne zurück und freue mich auch in diesem Jahr wieder ran zu dürfen.

 

Ich berichte natürlich hier wie es gelaufen ist und danke euch allen schon mal jetzt für euren großen Support während der Rennsaison! Auch wenn man als Fahrer nicht immer auf jede einzelne Nachricht antworten kann, freut man sich natürlich trotzdem wie ein kleiner Junge, dass der Radsport mittlerweile einen so großen Stellenwert in Deutschland und gerade auch bei uns in NRW genießt. Danke dafür und bis zum nächsten Mal!

 

Ride on,

 

Euer Ben