Grundsatzurteil: Benutzungspflicht für Radwege darf nur eine Ausnahme sein

Gelsenkirchen – Radfahrer dürfen im Regelfall die Fahrbahn benutzen und können von Städten und Gemeinden nur im konkreten Ausnahmefall auf Radwege verwiesen werden. Das ist der Tenor eines Grundsatzurteiles des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, mit dem dieser jetzt die Rechte der Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer gestärkt hat. Danach dürfen Städte und Gemeinden nur im Ausnahmefall Radwege als benutzungspflichtig kennzeichnen. Damit hat sich der Kläger in zweiter Instanz gegen die Stadt Regensburg durchgesetzt, die nun zwei gemeinsame Geh- und Radwege von der Benutzungspflicht befreien muss.

Im konkreten Fall hatte die Stadtverwaltung einseitige gemeinsame Geh- und Radwege neben der Straße eingerichtet und durch blaue Schilder für beide Fahrtrichtungen eine Benutzungspflicht angeordnet. Die Zweirichtungswege führten durch Tempo-30-Zonen und außerorts entlang von Straßen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde. Die Benutzungspflicht begründete die Stadt mit Sicherheitserwägungen.

Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht und stellte klar, dass Radwege nur dann als benutzungspflichtig gekennzeichnet werden dürfen, wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse eine erheblich erhöhte Gefährdung für die Verkehrsteilnehmer besteht (§ 45 Absatz 9 der Straßenverkehrsordnung – StVO).

Im vorliegenden Fall konnten die Richter eine solche Gefährdung nicht erkennen. Sie setzten dafür weitreichende Maßstäbe für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung und stellten in ihrer Urteilsbegründung fest, es müsse davon ausgegangen werden, dass auch in zahlreichen anderen Fällen die Radwegebenutzungspflicht widerrechtlich angeordnet wurde. Damit bestätigte das Gericht, dass die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht – und damit das Verbot für Radfahrer, auf der Fahrbahn zu fahren – die Ausnahme sein muss.

Bereits seit dem 1. September 1997 sieht die Straßenverkehrsordnung das Radfahren auf der Fahrbahn als Regelfall vor und lässt es nur ausnahmsweise zu, Radwege mit dem blauen Radwegeschild als benutzungspflichtig zu kennzeichnen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich eingehend mit dieser Rechtslage auseinandergesetzt und hat die Straßenverkehrsordnung jetzt entsprechend konsequent ausgelegt.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gilt formal nur für Bayern, erlangt aufgrund seiner ausführlichen Begründung aber den Charakter eines Grundsatzurteils, an dem sich voraussichtlich auch Verwaltungsgerichte in anderen Bundesländern orientieren werden.