Rudi Hengstermann wird 75 Jahre

Rhede – Er hat wieder alle Sponsoren persönlich besucht, die meisten mit dem Rad: Rudi Hengstermann ist die personifizierte Rheder City-Nacht. Antreiber, Anschieber, Anheizer. „Du musst ständig Gas geben!“ So hat es ihm sein Vater vermittelt. Ein Lebensmotto voller Energie. Der Geschäftsführer des Radsportvereins Central Rhede feiert am 14. Juli seinen 75. Geburtstag.

Und sein persönlicher Feiertag fiel naturgemäß in den vergangenen 21 Jahren in die Vorbereitungszeit der City-Nächte, die seit Beginn 1991 immer am Freitag nach Ende der Tour de France in Rhede ablaufen. Da blieb meist wenig Zeit zum Feiern. Viel Zeit wendet er seit Jahr und Tag vor allem für die Betreuung der Sponsoren auf. Und da kommt zu jedem Rennen eine Vielzahl zusammen. Fast alle besucht er persönlich. Der alte Organisations- und Radsportfuchs weiß genau: „Wenn du zum Telefon greifst und hast die falsche Person an der Strippe, ist die Sache gestorben.“ Abwimmeln lässt er sich in seiner gutmütigen Art nicht.

Die 21. Bitburger-Classics in knapp zwei Wochen am 27. Juli rücken immer näher. Telefongespräche mit Fahrern, Aufbau von Werbetürmen und Messestand, Pressekontakte, Koordination und Organisation – bei Hengstermanns laufen alle Fäden zusammen und den ganzen Tag die Telefondrähte heiß.

13 Jahre lang fuhr der Sprinter in seiner radsportlichen Sturm- und Drangphase auf Straße und Bahn, zwischen 1950 und 1963. Lang ist‘s her, aber seitdem ist der Name Hengstermann in der deutschen und internationalen Radsportlandschaft ein Begriff. Er öffnet nach wie vor Türen, die anderen verschlossen bleiben. Rudi Hengstermann ließ als Aktiver die meisten bekannten Namen im Sprint stehen, gewann gegen den späteren dreimaligen Querfeldeinweltmeister Rolf Wolfshohl, gegen Hennes Junkermann und Ede Ziegler, fuhr in der Jugendnationalmannschaft, lernte die großen Bahnrennen in Dortmund, Bremen, Amsterdam oder Antwerpen kennen, war als Jugendlicher deutscher Winterbahnmeister und konnte seinem Hobby doch nicht so sehr frönen, wie er das gerne getan hätte: Der junge Rudi tingelte mit dem Milchwagen durch Rhede und übers Land. „Da blieb wenig Zeit zum Training. Oft setzte er sich früher noch abends spät auf die Rennmaschine und fuhr seine Lieblingsstrecke bis Reken und zurück, mit einer auf dem Lenker provisorisch montierten Taschenlampe.

Rudi Hengstermann hat ein Stück regionale Radsportgeschichte geschrieben: Das erste Rennen bestritt der damals 13-Jährige für die Radlerfreunde 1924 Bocholt, die die alte Radrennbahn in Rhede (auf dem heutigen Gelände des Sportzentrums) nutzten – und gewann. Später fuhr er für die Radsportgemeinschaft 98/09 Bocholt; beide Klubs fusionierten in den siebziger Jahren zum Radsportclub 1977 Bocholt (mit Bahnvierer-Olympiasieger Karl-Heinz Henrichs, der Olympiazweiten auf der Straße, Jutta Niehaus, oder Querfeldein-WM-Fahrer Rainer Paus).

1991 wurde der RV Central Rhede wieder aus der Taufe gehoben, und eine über hundertjährige Radvereinsgeschichte fand ihre erfolgreiche Fortsetzung – mit den Großveranstaltungen Rund um Rhede im Frühjahr und der City-Nacht im Sommer.

Gut eine Viertelmillion Zuschauer pendelte zu den Rennstrecken. Und viele Weltstars ließen sich wie die Fans vom Rheder Feier-Bazillus City-Nacht infizieren, wie Lance Armstrong, Erik Zabel, Rolf Aldag, Alexander Winokurow, Marcel Wüst, Ivan Basso, Tony Martin, André Greipel oder Vorjahressieger Danilo Hondo; andere kamen zum fröhlichen Wiedersehen: Rudi Altig, Didi Thurau, Patrick Sercu, Hennes Junkermann, Rolf Wolfshohl, Hennie Kuiper. Die Großen des Radsports – Rudi ist mit allen per Du. (central-press)