Essener Radsportler bringen Flüchtlingen das Radfahren näher

 

Otto

 

 

 

 

Essen-Überruhr.   Sport verbindet. Das machten sich die Verantwortlichen des RV Sturmvogel
zu eigen und stellten den Flüchtlingen einen Fahrrad-Parcours zur Verfügung.

Spätestens seit der medienwirksamen Eingliederung von Flüchtlingen in den
Spielbetrieb durch mehrere Essener Fußballvereine ist das Thema Integration
durch Sport von besonderer Brisanz. Im Januar rief auch der Landessportbund
dazu auf, unter dem Motto „Willkommen in NRW“ Flüchtlingen die Möglichkeit zu
geben, an sportlichen Angeboten teilzunehmen. Diesem Aufruf folgte auch ein
nicht ganz so bekannter Verein aus Essen – der Radsportverein Sturmvogel. Am
Samstag veranstaltete der Verein einen Schnupper-Parcours zum Thema Radfahren
für Flüchtlingskinder.

Die Idee entstand maßgeblich durch die Nähe des Radsportvereins zu zwei
Flüchtlingsheimen, wie Otto Klocker, Vorsitzender des RV Sturmvogel, erklärt.
„Wir haben nach dem Aufruf des Landessportbundes überlegt, wie wir den
Flüchtlingskindern etwas Gutes tun können. Und da ja zwei Heime im direkten
Einzugsbereich unseres Vereins liegen, haben wir uns mit dem Träger, der
Caritas, zusammengesetzt.“ Auch der Gedanke, dass vielleicht manche der
Flüchtlingskinder die Lust entwickeln könnten, regelmäßig zum Training zu
kommen, spielte eine Rolle. „Die Mitgliedsbeiträge übernimmt dann
selbstverständlich der Verein.“

Für die Caritas ist die Zusammenarbeit mit einem Radverein eine neue Erfahrung.
„Fußballvereine hatten wir schon öfters, aber noch nie einen Radsportverein.
Wir begrüßen die Zusammenarbeit sehr“, so Markus Siebert vom Caritasverband.
Das Radfahren sei etwas ganz Alltägliches, mit dem viele der Flüchtlinge
vertraut seien.

Für die Flüchtlingskinder , von denen die meisten Roma aus der Westbalkanregion
sind, ist der Schnupperparcours natürlich ein großes Spektakel. Viele sind mit
ihren Eltern gekommen, die Freude ist groß.

Auf dem Grill brutzeln Würstchen, eine gute Gelegenheit für die Eltern der
Kinder, die im Verein radeln, und die Eltern der Flüchtlinge, ins Gespräch zu
kommen. Viele der Eltern der Flüchtlingskinder haben sich jedoch spontan auch
dazu entschieden, einfach bei dem Schnupperparcours mitzumachen. „Manche von
ihnen sitzen heute das erste Mal auf einem Fahrrad“, erzählt Kerstin Sablotny,
Heimsozialarbeiterin an der Langenberger Straße. „So aufgenommen zu werden, ist
für viele eine ganz neue Erfahrung. Sie sind Isolation gewöhnt. Aber wenn
Menschen in dieser Form auf sie zukommen, entsteht da viel Dankbarkeit.“

Für die Kinder steht natürlich ganz klar der Spaß im Vordergrund. „Ich fahre
total gerne Fahrrad, das ist super, dass wir das hier können“, sagt die
10-jährige Anita, die auch fleißig übersetzt und Deutsch spricht wie ihre
Muttersprache. Bocin (12) ergänzt: „Ich finde das Radfahren hier einfach nur
cool!“

Und auch für die deutschen
Kinder, die im Verein Fahrrad fahren, ist die Aktion ein schönes Erlebnis. „Ich
fahre ja selbst gerne über den Parcours, aber es macht mir auch sehr viel Spaß,
den anderen Kindern zu helfen und zu sehen, wie sie den Parcours dann immer
besser beherrschen“, erzählt der 11-jährige Timo.

Dass bei einem so herzlichen Empfang der eine oder andere zum Radfahren findet
– das ist nicht ausgeschlossen.

Marvin Drost